Bericht über die Brumm-Rudge in Klassik-Motorrad 1-2011

Hierzu habe ich folgenden Leserbrief mit der Bitte um Veröffentlichung an den Verlag gesendet. Auch drei Monate später gab es von Seiten des Verlags noch keine Reaktion:


 

Mit Heft 1 ist wieder ein „Klassik Motorrad“ mit vielen schönen Bildern und interessanten Beiträgen erschienen.

Als Rudge- Fan habe ich mit besonderer Spannung den Bericht über die Brumm-Rudge erwartet. Bravo zur Themenwahl!

Der Report knüpft nahtlos an die von Herrn Dr. Krackowizer erschienen Publikationen über dieses Motorrad an. Schön zu lesen, mit tollen Geschichten, denen aber leider zahlreiche Ungereimtheiten anhaften, die aufzuzeigen Anlass meines Briefes sein soll. Es liegt mir fern die Herren Dr. Krackowizer oder Knittel in ihrer journalistischen Arbeit zu kritisieren, zumal beide Herren durch ihre Bücher und Sachberichte in mir die Begeisterung für alte Motorräder  mit Schwergewicht zur Marke Rudge, erst  geweckt haben.

Um die Inhalte derartiger Artikel aber im Laufe der Jahre durch unkritische Übernahme nicht zu geschichtlichem Standardwissen erwachsen zu lassen, sind meine nachstehenden Anmerkungen und Richtigstellungen notwendig und auch zu verstehen.  

 

 

Gleich zu Beginn ist zu lesen::

 „ Das Unternehmen Rudge-Whitworth Ltd. In Coventry zählte 1911 zu den größten englischen Fahrradherstellern, als es sein erstes Motorrad auf den Markt brachte.“

Das erste Rudge- Motorrad erschien jedoch bereits 1910. Dies ist auch der Grund warum 2010 unter dem Motto „100 years of the Rudge“ in vielen Ländern unserer Erde dieses Jubiläum gefeiert wurde. Von der deutschen Oldtimerpresse wurde das anscheinend nicht bemerkt.

 

Weiter geht es mit der Bildunterschrift auf Seite 45 oben „1938 sah sie genau so aus“.

Es besteht natürlich eine Ähnlichkeit mit dem Original aus dieser Zeit und sowohl der Laie als auch mancher Fachmann ohne Vergleichsmaterial und speziellen Rudge -Kenntnissen würde dies bestätigen, aber das Motorrad auf dem Herr Richnow  Platz nahm, war 1938 in wesentlichen Details, wie Getriebe, Rahmengeometrie, Halteplatten, Anordnung des Fußhebelwerkes und des Lenkers gänzlich anders.

 

 

In dem Bericht „Rudge+Brumm“ aus „Das Motorrad“ von 1938, der vermutlich dem Knittel Artikel neben Anderen Pate stand, kann man schön den zusätzlich angebrachten Rahmenunterzug sehen, der die Hinterachsaufnahme mit den nach unten verlängerten Getriebehalteplatten aus Leichtmetall  und den ebenfalls verlängerten vorderen Motoraufhängungen verbindet. Es handelt sich im Original um eine Werksmaschine von Rudge, die, wie bei den Rennmaschinen üblich, den Lenker vor dem Steuerkopf angeordnet hat. Man sieht sogar kleine senkrecht angeordnete Hilfsfedern an der Gabel (ähnlich Norton)          

 

Hier eine Detailaufnahme des Motorrads von 1938:  (Archiv Schnitzler)

Der Original- Rahmen endet in etwa in einer Ebene. Die hintere Motorbefestigung ist in etwa senkrecht mit dem Rahmenbolzen fluchtend. Auffallend auch der Zylinder, der 1938 für die Stößelstangen ausgenommen war, was zur schnelleren Montage bei einer Rennmaschine auch Sinn macht.

Die Vergaser waren 1938 Flanschvergaser; jetzt sind Steckvergaser mit separaten Ansaugstutzen montiert. Deutlich erkennbar am Schnitzler- Foto das Getriebe mit dem längeren Einfülldom, wie er das Befüllen bei den mit Blechen verkleideten Serienmodellen erleichtern sollte und im Renneinsatz das Ölvolumen vergrößerte.

 

Das vordere Schutzblech war an Richnows Maschine stets gekürzt. Die Tanks könnten original sein, aber die Linierung ist anders ausgeführt

 

Der Rahmen des vorgestellten Motorrades entstammt einem späten Straßenmodell wurde aber abgeändert und mit einem angeschraubten Heck mit einer phantasievollen Kettenspanneinrichtung versehen (hat aber mit TT-Replica oder Werksmaschine nichts gemeinsam).

 

Der Zylinderkopf ist authentisch und entspricht mit ziemlicher Sicherheit der 1950 gefahrenen Version der Brumm-Rudge.

 

Das Motorgehäuse trägt keine originale Nummer mehr, womit es also historisch wertlos ist .Dabei handelt sich vermutlich um das Gehäuse eines 1933-er Ulster- Motors. Auf dem kleinen Bild auf Seite 46 oben war es noch das Werksmotorgehäuse.

Aber dieses wurde beim Donauringrennen 1950 trotz Riss noch im Rennen bewegt, was im zeitgenössischen Bericht über dieses Rennen explizit erwähnt wird. 

      

Bei dem richtigen Werks- oder Replica-  Motor hätte es wegen der anders gelösten inneren Ölversorgung keine separate Leitung zur Nockenwelle gebraucht.

 

Brems- und Schalthebel sitzen zwar jetzt wieder funktionsgemäß auf derselben Seite, wie sie auch Brumm angeordnet hatte in ähnlicher Ausführung wie bei der berühmten 1930-er 100 Meilen Ulster, aber im Detail leider immer noch völlig anders als im Original ausgeführt.

 

(Archiv Schnitzler)

Auf diesem Foto von 1950 mit Standardvergasern sieht man schön die Zwischenplatte unter dem Zylinder die über Zuganker mit dem Kopf verbunden ist. Dieses Detail findet sich auch an Teilen eines Motors aus dem Brumm-Stall, der überlebt hat. Nur am gezeigten Motorrad kann man diese Platte nicht erkennen.

 

Ohne auf weitere, nicht dem Ausführungsstand von 1938 entsprechende Details einzugehen, scheinen Zylinderkopf, Tanks  und Bremsnaben der originalen Brumm – Maschine zu entsprechen.

Zum Thema Schwingenheck und Münch:  Gibt es Beweise, dass dieses Heck bei der Brumm- Maschine eingesetzt wurde und existiert Bildmaterial vom Fundzustand?

 

Zu weiteren Informationen im Artikel:

Auf Seite 50  werden die Gießereikosten mit 3888 Mark beziffert. Im oben bereits erwähnten Artikel von 1938 werden vier Köpfe und vier Zylinder angegeben mit einem Gesamtgewicht von 36 Kilogramm und einem Gusspreis von 27 Mark pro Kilo, was nach meiner Berechnung 972 Mark ergibt und wohl eher der Realität entsprechen dürfte.    

 

Auf Seite 46 heißt es weiter, dass 1930 bei der Halblitermaschine die Halteplatten durch angegossene Kipphebellagerböcke ersetzt wurden. Das stimmt zwar für die Serienmodelle Ulster und Special, die Senior-TT wurde 1930 aber mit einem Zylinderkopf mit angeschraubten Platten durch Wal Handley gewonnen, wie sie sich auch an der 500er TT-Replicas von 1931 wieder finden. Auch alle darauf folgenden 500er TT-Replicas oder Werks-/ Syndikat- Rennmaschinen haben geschraubte Halteplatten.    

Ebenfalls auf Seite 46 wird ein neuer Zylinderkopf aus Bronzeguss mit radial angeordneten Einlassventilen erwähnt. Tatsächlich waren aber  die Auslassventile radial angeordnet.

 

Kurz darauf wird erklärt, die TT- Replica- Modelle von 1932 hätten die Magnetzünder in allen drei Klassen vorne montiert, was für die 250-er TT- Replica- Modelle nicht zutraf, denn deren  hinter dem Motor montierte  Magneten wurden mittels Kette von der Nockenwelle aus angetrieben.

 

Auch die Behauptung, die Werksmotorräder für die Saison 1932 entsprächen der Vorjahresversion, ist schon wieder falsch. Bei der TT 1931 wurden Werksmotorräder mit hinter dem Motor liegendem Magnet und einer Rahmengeometrie ähnlich des hier vorgestellten Motorrads eingesetzt… diese Motorräder waren aber fast nicht fahrbar (das ist aber eine andere Geschichte über die es verschiedene Philosophien gibt)… es wurden 1931 aber für andere Rennen Werksmotorräder mit vorn liegendem Magnet eingesetzt.

Die nur mehr 10 Werksmotorräder für die 1932 Saison waren wie folgt in die Klassen unterteilt: drei 250-er, drei 350-er und vier 500-er.

Die 10 500-er 1935-er Rennmaschinen für Privatkunden wie sie auf Seite 48 unten bezeichnet werden, wurden nach den Spezifikationen der 1934-er 500-er Werksrennmaschine gebaut. Syndikat wäre zwar genauer,  weil das Werk offiziell keine Renneinsätze mehr bestritt aber durch die Tatsache dass für diese Motorräder ein spezielles Motorgehäuse gefertigt wurde (die Rennentwicklung ruhte also keineswegs) sind es für mich Werksmaschinen (neudeutsch trifft es die Bezeichnung production racer noch etwas genauer). Auch wurden diese Motoren auf dokumentierten Prüfstandslaufen der gleichen akribischen Behandlung wie alle Werksrennmotoren unterzogen. Die zehn 1934-er Rennmaschinen wurden international geliefert. Von den zehn 1935-er Maschinen wurden 5 nach Deutschland und 5 in England verkauft. Der „Privatkunde“ der sich so etwas gönnte musste wohl betucht gewesen sein und er war in der damaligen Motorsportwelt gewiss kein Unbekannter, Brumm hätte so etwas bekommen…

 

Es herrscht in Sachen Rudge etwas Nachholbedarf in der Fachpresse, es gibt noch einige Rudge Rennmotorräder die auf Grund Ihrer Authentizität eine Berichterstattung wert wären.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Ulm

Rudge Enthusiasts Club Gebietsrepräsentant für Deutschland

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